Am Anfang steht das Ende
Intelligentes Sortieren mit digitalen Wasserzeichen
Kunst- und Schaumstoffe werden leider zu häufig noch thermisch verwertet oder gar deponiert. Wenn Produkte recycelt werden, geschieht dies meist mittels mechanischer Verfahren, auch werkstoffliches oder mechanisches Recycling genannt. Hierfür werden die Kunststoffabfälle zunächst von Konsument*innen getrennt, anschließend nach Kunststoffart sortiert, gewaschen, eingeschmolzen und später zu so genannten Rezyklaten aufbereitet. Diese Rezyklate dienen als Ausgangsstoff für neue Produkte und ersetzen damit Kunststoffe aus Neumaterial. Nur wenn wir als Verbraucher*innen unseren Abfall richtig trennen, kann dieser anschließend umfassend sortiert werden. Um diese Sortierungsprozesse effizienter zu machen, spielen innovative Technologien sowie die Entwicklung und Nutzung digitaler Wasserzeichen auf Kunststoffverpackungen eine immer wichtigere Rolle. Bereits jetzt lässt sich vorhersagen, dass auf dem Verpackungsmarkt und in den Sortieranlagen Europas digitale Wasserzeichen künftig eine wesentliche Rolle spielen werden, wenn es um das Thema Recyclingfähigkeit geht.
Seit 2017 engagieren wir uns im Rahmen unseres Engagements bei der Ellen MacArthur Foundation beim Projekt HolyGrail. Als Partner der HolyGrail 2.0 Initiative, unter dem Management der European Brands Association (AIM), fördert Greiner Packaging die Implementierung von digitalen Wasserzeichen in den Dekorationen verschiedener Verpackungssysteme: Mitarbeiter*innen der Greiner Packaging entwickeln intelligente K3®-Verpackungen, die das digitale Sortieren in den Anlagen erleichtern. Durch das genauere Sortieren verbessert sich auch die Qualität der Rezyklate. Voraussetzung dafür sind jedoch entsprechende technische Innovationen in den Sortieranlagen.
Doch so schwierig die Umsetzung noch ist, so leicht liest sich der Ablaufplan dieses intelligenten Digital-Sortierens: Landet die jeweilige Kunststoffverpackung nach Verwendung, Entsorgung und Sammlung in einer Sortieranlage, erkennen hochauflösende Kameras die digitalen Wasserzeichen der unterschiedlichen Kunststoffarten. Die verschiedenen Codes werden entschlüsselt und die Verpackungen je nach Produkteigenschaften automatisch dem richtigen Sortierstrom zugeführt. Das schafft sortenreine Abfallströme und ermöglicht qualitativ hochwertigere Rezyklate, was wiederum zu mehr Effizienz und Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette beiträgt.
Schwarz ist nicht länger eine Problemfarbe
Um die Recyclingquoten von Verpackungen weiter zu erhöhen, braucht es Verpackungslösungen, die von Beginn an auf ihre Recyclingfähigkeit hin entwickelt werden. Das Konzept Design for Recycling wird jedoch vor allem bei schwarzen Kunststoffverpackungen auf eine Bewährungsprobe gestellt. Denn aufgrund des bisher verwendeten Farbstoffes können schwarze Produkte von den optischen Sensoren der Abfallsortieranlagen nicht richtig identifiziert und sortiert werden. Unter dem sogenannten Near-Infrared-Modul (NIR) in der Sortieranlage, das dafür sorgt, dass die Produkte richtig sortiert werden, sind die schwarzen Kunststoffzusätze (auch Masterbatches genannt) nicht erkennbar. In Folge können die Kunststoffe nicht dem richtigen Abfallstrom zugewiesen werden.
Damit dieses Manko behoben werden kann, haben wir gemeinsam mit Partner*innen eine innovative Lösung für schwarze Plastikverpackungen, die vollständig recycelbar sind, entwickelt. Das Motto dabei lautet „carbon free“. Das neue Verpackungsmaterial setzt auf einen alternativen schwarzen Farbstoff, der frei von Rußpartikeln und somit detektierbar ist.
Damit chemisches Recycling besser gelingt
Beim mechanischen Recycling bleibt die chemische Struktur der Kunststoffe erhalten. Chemisches Recycling hingegen verfolgt genau den gegenteiligen Ansatz und bietet deswegen eine wichtige Ergänzung zum mechanischen Recycling. Es ermöglicht auch das Recycling von Kunststoffen, für die es bis dato noch keine oder eine nur unbefriedigende Recyclinglösung gegeben hat. Dazu gehören Abfallströme, die aus unterschiedlichen Kunststoffen bestehen oder Verunreinigungen aufweisen, und Kunststoffe, die nicht effizient sortiert werden können. Chemisches Recycling trägt dazu bei, den Anteil von Kunststoffabfällen zu reduzieren, der auf Deponien landet oder thermisch verwertet wird. Zudem können daraus neue Produkte entstehen, die den höchsten Qualitätsansprüchen entsprechen.
Bereits vor Jahren wurden Prozesse des chemischen Recyclings wie beispielsweise Pyrolyse und Gasifizierung als mögliche Alternativen zur reinen Verbrennung von Kunststoffen erforscht. Bisher ist wegen der Unwirtschaftlichkeit dieser Verfahren der große Durchbruch noch nicht gelungen. Unser Ziel ist es deswegen, alles daran zu setzen, dass chemisches Recycling nicht nur ein theoretisches Konstrukt bleibt, sondern in der Praxis Anwendung findet und auch diese Form des Recyclings seinen Beitrag zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft leistet.
CHASE – Forschungskooperation für mehr Recycling-Qualität
Neues nachhaltiges Wirtschaften erfordert neues Denken und Forschen in den verschiedenen Nachhaltigkeitskategorien. Dabei gewinnen Forschungskooperationen zwischen Industrie und Wissenschaft immer mehr an Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das Themenfeld chemisches Recycling. In Österreich fördern sogenannte COMET-Zentren derartige Forschungskooperationen. 2019 wurde in Linz das Kompetenzzentrum CHASE mit Greiner als Kooperationspartner eröffnet. Der Forschungsschwerpunkt von CHASE liegt auf der Notwendigkeit der chemischen Industrie, agilere, flexiblere und synergetischere Produktionsmethoden zu entwickeln und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck, Energieverbrauch und die Abfallproduktion zu reduzieren. Aktuell arbeitet CHASE daran, wie trotz einer Vielzahl an unterschiedlichen Kunststoffprodukten, -materialien und -verfahren qualitativ hochwertige Rezyklate gewonnen werden können. CHASE sammelt dazu Datenwissen entlang der gesamten Prozesskette, um eine ganzheitliche Qualitätskontrolle zu ermöglichen. Für Greiner bedeuten die Ergebnisse aus dieser Forschung, auch unabhängig von der Qualität der Rezyklate stets einwandfreie Produkte herstellen zu können.
Lebensmittelverpackungen: Raus aus der Recycling-Sackgasse
Der Teufel steckt im Detail – auch und gerade beim chemischen Recycling. Für die Nutzung von gewonnenen rezyklierten Materialien in neuen Verpackungen gelten sehr strenge Qualitätskriterien und eine von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erlassene Nulltoleranz von Materialverunreinigungen jeglicher Art. Das führt dazu, dass nur ein sehr geringer Anteil des mechanisch recycelten Abfallstroms zur Herstellung von neuem Verpackungsmaterial im Lebensmittelbereich geeignet ist. Dies gilt vor allem für stark verunreinigte Kunststoffabfälle.
Eine Alternative für besonders stark verunreinigte Kunststoffabfälle wäre, die entsprechenden Abfallströme einem chemischen Recycling zu unterziehen. Beim jetzigen Stand der Technik ist das aber nur mit qualitativ sehr hochwertigen Abfällen möglich. Um aus dieser Recycling-Sackgasse zu kommen und bestmögliche Effekte in puncto Nachhaltigkeit zu erzielen, verfolgt das Projekt „GPOil“ der Greiner Packaging einen völlig neuen Ansatz: Als Ausgangspunkt nehmen wir einen qualitativ sehr minderwertigen, weltweit in großen Mengen verfügbaren und billigen Abfallstrom. Aus diesem bis dato nicht recyclingfähigen Material, das üblicherweise in Zementwerken oder in der Müllverbrennung thermisch entsorgt wird, versuchen wir „food-grade material“, also qualitativ hochwertiges und für Verpackungen im Lebensmittelbereich verwendbares Ausgangsmaterial, herzustellen. Gemeinsam mit Partnern im oberösterreichischen Konsortium für Rohstoffbeschaffung und -aufbereitung sind wir derzeit dabei, die dafür notwendige Anlagen- und Verfahrenstechnik zu entwickeln. Mit dieser Innovation soll es uns gelingen, unseren Bedarf an Rezyklaten von mehr als 20.000 t im Jahr zu decken und damit einen weiteren entscheidenden Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft zu setzen.
Damit aus Schaumstoffen Öl, Gas, Koks & elektrischer Strom wird
Auch das chemische Recycling von Schaumstoffverbindungen für Matratzen, Polsterungen und technische Schäume ist mit bis dato noch nicht gelösten technischen Herausforderungen verknüpft. Die generelle Schwierigkeit liegt darin, dass sich Polyurethane (PUR), das Ausgangsmaterial von Schaumstoffen, nur sehr schwer aufschmelzen und in die Ausgangsbausteine zerlegen lassen. Verschiedene PUR-Gemische und durch den Gebrauch hinzugekommene organische Verunreinigungen erschweren zudem das chemische Recycling. Zusammen mit unserem Partnerinstitut an der Universität Trier sind uns jedoch Fortschritte bei der Entwicklung eines Verfahrens der hydrothermalen Karbonisation (HTC) im Labormaßstab gelungen. Weitere Entwicklungsprojekte im Bereich chemisches Recycling laufen, entstehen in der HTC doch kohleähnliche Partikel, die als Eingangsmaterial für thermochemische Umwandlungsprozesse (Pyrolyse) gut geeignet sind. Für das dadurch gewonnene Pyrolyseöl sowie das Pyrolysekoks und -gas gäbe es Einsatzmöglichkeiten in der Petrochemie und -industrie (Reifen-, Gummiherstellung, Farbpasten), als Aktivkohle oder in der Elektrizitätsgewinnung mittels Gasmotoren. Auch hier werden wir in den kommenden Jahren weitere Entwicklungsschritte setzen, um gemeinsam mit unseren Partner*innen dafür zu sorgen, dass das chemische Recycling von Schaumstoffen eine marktfähige und nachhaltige Entsorgungsmöglichkeit wird.