Nachhaltigkeitsbericht 2020

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Wir wollen uns im Kreis drehen

Zirkel statt Lineal, Kreis statt Linie – so einfach sich der Umstieg des globalen Wirtschaftssystems beschreiben lässt, so schwierig ist dessen Umsetzung, so notwendig ist dieser Transformationsprozess. In der linearen Wirtschaft, die man auch als Wegwerfwirtschaft umschreiben kann, werden Rohstoffe abgebaut, Produkte hergestellt, verkauft, konsumiert und weggeworfen. Das führt zu Rohstoffverknappung, Abfall und Umweltbelastungen. Wir leben auf Rohstoff-Pump, wenn man es salopp formulieren will. Die Erde besitzt und produziert jedes Jahr aufs Neue Milliarden von Tonnen natürlicher Ressourcen. Wenn wir jedoch unser lineares System fortsetzen, werden irgendwann, in nicht allzu ferner Zukunft, diese Rohstoffreservoirs zu Neige gehen. Aus diesem Grund müssen wir die Dinge neu denken – vor allem wie wir produzieren und was wir wegwerfen. Ressourcen dürfen nicht länger verschwendet werden. Wir müssen weg vom Lineal hin zum Kreis, weg von der linearen Wegwerfwirtschaft hin zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Das Ziel dieses Wirtschaftens ist ein System, in dem Ressourcen nicht weggeworfen, sondern so lange wie möglich, mit höchstmöglichem Wert, im Kreis und damit in Gebrauch gehalten werden. Das Ende des Lebenszyklus von Produkten und Waren noch stärker in den Fokus zu nehmen, ist das Gebot der Stunde.

Neben den Schwerpunktthemen Klima und Menschen haben wir bei Greiner die Säule Kreislaufwirtschaft in den Mittelpunkt unserer Nachhaltigkeitsstrategie Blue Plan gestellt. Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zu etablieren, ist sicherlich die herausforderndste der drei Säulen. Besonders für die Verpackungsindustrie ist der Übergang zur Kreislaufwirtschaft kein Selbstläufer. Denn für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft brauchen wir Antworten auf Fragen wie: Wie verändern wir das Design, damit Produkte recycelt werden können? Woher bekommen wir Sekundärmaterialien, die höchsten Qualitätsansprüchen entsprechen? Was kann Technologie leisten, damit das Recycling besser wird? Unsere Antworten auf diese Fragen haben ein Ziel: durch systemische Betrachtung des Zusammenspiels von Natur, Mensch und Wirtschaft zirkuläre Produkte und Dienstleistungen zu erzeugen, um eine Balance zwischen den Bedürfnissen der Menschen und den natürlichen Ressourcen zu schaffen.

Das Ende muss anders werden

Das sogenannte End-of-Life, d.h. das Lebenszyklusende von Produkten, die wir produzieren und verkaufen, verursacht eine Umweltwirkung. Auf diese Auswirkungen haben wir direkt wie unmittelbar Einfluss. Diese zu reduzieren, ist unsere Verantwortung. Das GHG-Protokoll schätzt, dass etwa 90 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus den Lieferketten von Unternehmen stammen. Vor allem die Rohstoff- und Materialproduktion, aber auch die Entsorgung der Produkte nach deren Nutzung sind hier zentrale Treiber. Da auch unsere Produkte in weiten Teilen Einwegprodukte sind – einige mit einer kurzen, andere mit einer jahrelangen Nutzungsphase –, ist gerade das Ende des Lebenszyklus unserer Produkte eine besondere Herausforderung für uns.

Unabhängig von der Nutzungsdauer werden unsere Produkte am Lebensende bis dato noch meist thermisch verwertet oder in einigen Ländern leider immer noch deponiert. Die Grundursache für diesen ineffizienten Umgang mit Ressourcen ist, dass sich die anvisierte Transformation zu einem zirkulären Geschäftsmodell noch in den Anfängen befindet. Weder Kunststoffe noch Schaumstoffe werden im Regelfall recycelt oder wiederverwendet. Mit unserer Blue Plan-Strategie wollen wir daher den Übergang zu einer nachhaltigen zirkulären Wirtschaft schaffen. Das wird uns gelingen, wenn wir den ressourcenschonenden Einsatz von Materialien sicherstellen und somit die negativen Umweltauswirkungen (beispielsweise die Emissionen aus dem End-of-Life) reduzieren. Unser Ziel ist, dafür zu sorgen, dass unsere Produkte nachhaltig entsorgt und/oder verwertet werden können. Egal, ob Lebensmittelverpackungen, Matratzen oder andere unserer vielen Produkte – sie alle müssen in den Kreislauf gebracht und recycelt werden, damit sie in weitere Lebenszyklen kommen.

Robbin Wang (Greiner Bio-One), Key Account Manager (Photo)

„Nur wenn wir eine Wirtschaft aufbauen, die Dinge nutzt, anstatt sie zu verbrauchen, können wir eine nachhaltige Zukunft sicherstellen.“

Robbin Wang (Greiner Bio-One) Key Account Manager

Gemeinsam mit kompetenten Partner*innen

Durch Teilen, Wiederverwenden, Reparieren, Wiederaufbereiten oder in allerletzter Konsequenz durch Recyceln kann der Lebenszyklus von Materialien und Produkten verlängert und über die ganze Wertschöpfungskette Zirkularität sichergestellt werden: vom Abbau der Rohstoffe über die Rücknahme der Produkte bis hin zur Wiederverwendung oder Wiederaufbereitung. Dieses Ziel bedarf auch neuer Formen der Zusammenarbeit sowie Denkweisen aller Akteur*innen. Derzeit müssen wir noch anerkennen, dass wir ein massives Entsorgungsproblem, sprich eine Entsorgungskrise von Kunststoffen, haben. Einer der Hauptgründe dafür ist die fehlende Infrastruktur für die Entsorgung von Kunststoffverpackungen. Angesichts der globalen Dimension dieses Problems sind wir als Weltgemeinschaft gefordert, Abfälle sachgerecht zu entsorgen. Hier müssen wir unseren Blick vor allem auf Entwicklungs- und Schwellenländer in Afrika und Asien richten, dürfen jedoch auch nicht übersehen, dass in Europa und Nordamerika ebenfalls noch vieles im Argen liegt. Unsere Produkte werden weltweit genutzt. Daher beteiligen wir uns an zahlreichen Initiativen und Projekten, um Bildung, Forschung und Infrastruktur für eine effiziente Abfallvermeidung und -entsorgung voranzutreiben. Bereits seit 2016 ist Greiner Partner der Ellen MacArthur Foundation, einer von der britischen Weltumseglerin Ellen MacArthur gegründeten Stiftung, die den weltweiten Umstieg auf die Kreislaufwirtschaft vorantreibt. „Wenn Sie auf einem Boot segeln, nehmen Sie ein Minimum an Ressourcen mit und Sie verschwenden nichts“, zieht Ellen MacArthur einen Vergleich zwischen ihrer früheren Profession als Profiseglerin und der von ihrer Stiftung propagierten Kreislaufwirtschaft: „Nur wenn wir eine Wirtschaft aufbauen, die Dinge nutzt, anstatt sie zu verbrauchen, können wir eine nachhaltige Zukunft bauen.“

Im Oktober 2018 rief die Ellen MacArthur Foundation in Zusammenarbeit mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) das Global Commitment New Plastics Economy ins Leben. Dieses Commitment vereinigt über 500 Unternehmen, die knapp 20 Prozent aller weltweit hergestellten Kunststoffverpackungen repräsentieren. Darüber hinaus haben sich zahlreiche Regierungen, NGOs, Universitäten, Industrieverbände, Investor*innen und andere Organisationen unterstützend hinter die gemeinsame Vision gestellt, Plastikmüll und Umweltverschmutzung an der Wurzel zu bekämpfen. Der Fortschrittsbericht des Global Commitments 2020 zeigt, dass die Unterzeichner*innen den definierten Zielen zwar näherkommen, in den kommenden Jahren die Anstrengungen jedoch noch deutlich erhöht werden müssen.

Mit der Unterzeichnung dieses Commitments verpflichtete sich Greiner Packaging zu einer Reihe von konkreten Zielen: Dazu gehört, dass wir bis 2025 nicht unbedingt notwendige Kunststoffteile in unseren Produktionsabläufen eliminieren wollen; gleichzeitig verpflichten wir uns dazu, innovativ zu sein, damit alle Kunststoffe wiederverwendet, recycelt oder kompostiert werden können, um unsere Kunststoffe in der Wertschöpfungskette zu halten.

Derzeit sind knapp ein Drittel unserer Kunststoffverpackungen laut Global Commitment Reporting 2020 wiederverwendbar, recyclingfähig oder kompostierbar. Unsere Verpflichtung bis 2025 lautet 100 Prozent. Damit uns das gelingt, kommen alle Produktgruppen auf den Prüfstand. Dazu gehört auch, dass wir uns noch mehr als bisher mit nachhaltigem Produktdesign beschäftigen. Der Designprozess von Produkten ist prägend für deren Entsorgung. Oder anders gesagt: Der Anfang bestimmt bereits hochgradig das Ende. In der Phase der Designentwicklung werden zentrale Materialentscheidungen getroffen, die signifikante Auswirkungen auf Lebensdauer und Lebensende unserer Güter haben. In der Greiner Packaging haben wir deswegen Design-Guidelines entwickelt, die aufzeigen, mit welchen Designaspekten, Materialien und Verpackungskonzepten wir unser Kreislaufziel erreichen. Die Guidelines helfen uns, schon in der Produktentwicklung dafür zu sorgen, dass wir nur Produkte auf den Markt bringen, die auch wirklich recyclingfähig sind.

Ellen MacArthur Foundation
Die von der britischen Rekord-Weltumseglerin Dame Ellen MacArthur 2009 gegründete Stiftung setzt sich in Zusammenarbeit mit Unternehmen, politischen Entscheidungsträger*innen und Wissenschaftler*innen für die Entwicklung und Förderung des Konzepts der Kreislaufwirtschaft ein (www.ellenmacarthurfoundation.org).
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End-of-Life
Unter dem Ende des Lebenszyklus von Produkten versteht man einerseits, wenn deren Produktion eingestellt wird. Über diese Definition hinaus berücksicht ein End-of-Life-Management den ganzen Lebenszyklus von Produkten. Hier liegt der Schwerpunkt vor allem auf der Entsorgung bzw. dem Recycling der Produkte nach dessen Nutzungsdauer.
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GHG-Protokoll

Das Treibhausgasprotokoll (Greenhouse Gas Protocol) ist ein weltweit gültiges Instrument zur Berichterstattung über Treibhausgasemissionen. Unternehmen nützen diese Standards zur Erstellung von Treibhausgasbilanzen. Die Emissionen werden dabei in folgende drei Bereiche (Scopes) unterteilt.

  • Scope 1
    Erfasst werden direkte Emissionen, die aus den eigenen Anlagen des Unternehmens stammen.
  • Scope 2
    Strom, Dampf, Wärme oder Kälte, die zugekauft werden und daher außerhalb eines Unternehmens zu indirekten Emissionen führen, werden hier bilanziert.
  • Scope 3
    Hierzu zählen alle sonstigen indirekten Emissionen, die aus unternehmensfremden Tätigkeiten wie der Herstellung und den Transport eingekaufter Güter oder der Verteilung, Nutzung und Entsorgung eigener Güter entstehen
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Kreislaufwirtschaft
Die Kreislaufwirtschaft ist ein Modell der Produktion und des Verbrauchs, bei dem bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich geteilt, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden. Auf diese Weise wird der Lebenszyklus der Produkte verlängert.
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Lebenszyklus
Ein Grundmodell des Produktlebenszyklus unterscheidet zwischen fünf verschiedenen Phasen, die ein Produkt von der Markteinführung bis hin zum schlussendlichen Marktaustritt durchläuft: Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung und Degeneration. Die Dauer eines Zyklus ist dabei stark von Faktoren wie beispielsweise Qualität und Innovationskraft des Anbieters abhängig.
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Treibhausgasemissionen
Anthropogene Treibhausgase entstehen bei der Herstellung und Verbrennung fossiler Brennstoffe, bei Aktivitäten der Landwirtschaft, bei Entwaldungs- und Industrieprozessen sowie der kommunalen Entsorgung von Abfällen und Abwässern. Das Emittieren von Kohlenstoffdioxid, Methan, Lachgas und anderen Treibhausgasen bei diesen Aktivitäten verändert die Zusammensetzung der Atmosphäre und ist ein maßgeblicher Treiber für den Klimawandel.
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UNEP
Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (engl. United Nations Environment Programme) hält eine führende Rolle im globalen Umweltschutz, koordiniert die Umweltaktivitäten der Vereinten Nationen, überwacht Umweltsituationen weltweit und macht Regierungen und die internationale Gemeinschaft auf Notfälle und Risiken aufmerksam.
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Wertschöpfungskette
Die Wertschöpfungskette (engl. Value Chain) beschreibt die Stufen entlang der betrieblichen Gütererstellung in geordneter Reihenfolge. Diese Tätigkeiten schaffen Werte, verbrauchen Ressourcen und sind in verschiedenen Prozessen miteinander verbunden.
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